Die Violinistin und Menschenrechtsaktivistin Marina Bondas ist Preisträgerin 2023
- Christa Seric-Geiger Preis -
Violinistin und Menschenrechtsaktivistin Marina Bondas
„Meine Geige kann russische Bomben nicht aufhalten“
Mit Marina Bondas wurde am 11. März 2023 die dritte Trägerin des Christa Seric-Geiger Preises ausgezeichnet. Kehls Oberbürgermeister Wolfgang Britz bedankte sich für die Ehre, die die Stiftung der Stadt mit der Auswahl des Kehler Kulturhauses als Veranstaltungsort erwies – und rief mit herzlichen Worten nochmals die Bedeutung der Stiftung für die Stadt ins Bewusstsein. Die Preisvergabe an Marina Bondas war die wohl emotionalste bisher. Die Preisträgerin verzauberte als eine der ersten Geigen des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin nicht nur ganz unerwartet als Musikerin. Sie berührte die Herzen der rund 130 Gäste der Preisverleihung mit ihren Worten – und mit ihren Taten, für die sie den Preis erhielt.
Die 43jährige, die seit ihrem 13. Lebensjahr in Deutschland lebt, berichtete in ruhigen Worten über ihr Engagement für die vom Krieg gequälten Menschen in ihrem ehemaligen Heimatland Ukraine. Dort, wo Bomben fallen, Menschen sterben, Familien auseinandergerissen werden und vor allen Dingen Kinder einfach alles verlieren, packt sie ihre Geige aus – und musiziert. Aber nicht nur das. Denn: „Musik ist mächtig. Sie kann Menschen berühren. Aber auch Musik hat ihre Grenzen. Meine Geige kann russische Bomben nicht aufhalten!“
Als Marina Bondas diese Worte spricht, herrscht Stille im Publikum. Die Gäste sind nachdenklich. Nicht zuletzt auch deshalb, weil mit der Journalistin Lisa Böttinger der Abend eine mahnende Einführung fand: „36 Prozent der Deutschen sagen von sich, dass sie unter einer News-Fatigue leiden. Dass sie die Nachrichten vom Krieg nicht mehr ertragen“, informierte sie das Publikum und fuhr fort: „Wir sind uns in Deutschland nicht einmal mehr darüber einig, was Frieden eigentlich bedeutet“. Menschen wie Marina Bondas sorgten dafür, dass alle wieder ein offenes Ohr haben. „Und nur so können wir die Grenzen auflösen“, appellierte Lisa Böttinger. Der Freiburger Journalistin gelang in ihrer Rede auf wunderbare Art der Verweis auf die Gemeinsamkeiten der Preisträgerin und der Stiftungsgeberin: „Christa Šerić-Geiger wollte als junge Frau Dolmetscherin werden. Ein Beruf, der auf seine Weise Grenzen sprengt. Genau wie die Musik von Marina Bondas“.
Ein Fakt, den auch Dr. Michael Strickmann ansprach. Als Vorsitzender des Stiftungskuratoriums überreichte er gemeinsam mit seiner Kuratoriums-Kollegin Oksana Miglietti eine Skulptur des bosnischen Künstlers Alija Resic und einen symbolischen Scheck in Höhe von 20.000 Euro an Marina Bondas. Diese hatte zuvor ihr Publikum mit ihrem Geigenspiel in ihren Bann gezogen und mit diesem gar eine musikalische Reise durch die Ukraine ermöglicht. Dazu bemerkte Michael Strickmann: „Ich habe die Ruhe gespürt, die die Musik erzeugen kann. Aber ich bin gleichzeitig bewegt von ihrer Schilderung“.
In der Tat waren die Worte Marina Bondas‘ mehr als eindringlich. Sie schilderte ihre oft 24 Stunden dauernden Arbeitstage, in denen sie die Tätigkeit im Orchester vereint mit dem Engagement für die Menschen in der vom Krieg geschundenen Ukraine. Immer wieder fährt sie dorthin. Sie spielt Geige für die Menschen und organisiert von Berlin aus handfeste Hilfe vor allen Dingen auch für Kinder – auch dank ihres Hilfsprojekts „Heart for Ukraine“. Dieses organisiert medizinische und humanitäre Unterstützung, aber auch Rehabilitationsprojekte für kriegstraumatisierte Menschen.
Dass Marina Bondas ein überdurchschnittliches Energielevel hat, bestätigte auch ihr Laudator und guter Freund Andrij Ilin: „Ich lernte Marina Bondas 2014 kennen bei einer Demonstration in Berlin nach der Maidan-Bewegung. Diese zierliche Frau nahm den Kampf auf für die Menschen in der Ukraine. Sie sammelte Geld, flog nach Kiew, gab Konzerte, spielte ihr Instrument in zerbombten Häusern – um den Menschen Hoffnung zu geben. Sie lernte, wie Musik sich auf Menschen auswirkt, und gründete die Organisation "Heart for Ukraine“, berichtete Andrij Ilin.
Die Preisträgerin selbst scheint ihr Engagement für selbstverständlich zu halten. Die Würdigung mit dem Christa Seric-Geiger Preis hingegen nicht: „Ich bin immer noch überwältigt. Auch, weil viele andere Frauen nominiert waren und des Preises würdig gewesen wären. Ich kann Ihnen allen aber eines versichern: Ihr Preis wird Leben retten in der Ukraine. Denn genau dort werde ich das Preisgeld verwenden“.
Fadil Seric beschloss mit sichtlich glücklichem Gefühl die Veranstaltung und bedankte sich bei Kuratorium und Jury der Stiftung – und vor allen Dingen bei Marina Bondas für ihre Energie, mit der sie sich für hilfebedürftige Menschen einsetzt: „Meine Frau wäre stolz auf sie gewesen“, war er sich sicher.
Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung im Kehler Kulturhaus von dem Pianisten Sandro Dalfovo aus Niedereschach.
Mit Oleksandra Bienert unterstützt die Carl-Friedrich Geiger Stiftung noch eine weitere Berliner Aktivistin für die Kriegsopfer in der Ukraine mit 5.000 Euro.